Montag, 8. Juni 2015

Hoşçakal Türkye

Steile Strassen kennen wir bereits. Steile Strassen mit Kopfsteinpflaster lernten wir bei der Ausfahrt aus Ankara kennen. Dafür gabs fast keinen Verkehr. Oben auf dem Pass angekommen, genossen wir die Aussicht und bekamen Besuch von einem Hirten auf dem Pferd. Er lud Iris auf eine Runde reiten ein, was sie natürlich annahm. Gerne hätte er das Velo von Iris gegen das Pferd eingetauscht, oder vielleicht wollte er auch vorschlagen, Iris gegen das Pferd einzutauschen. So genau haben wir es nicht verstanden. Jedenfalls liess er uns schweren Herzens weiterziehen. 

Die Strasse den Pass runter wurde gerade frisch geteert, wir durften unter freudigem Rufen und Winken der Bauarbeiter den Belag einweihen. Rasant ging es bergab und natürlich gleich nachher wieder bergauf. 

Nach einer Weile knatterte der Freilauf vom Velo von Iris wieder. An der Tankstelle gab es erneut einen Öl-Schluck, eine Tee-Einladung sowie die Erklärung, dass es in kirk Kilometern evtl. einen Service für das Problem gebe. 40 Kilometer waren uns für heute Abend zu weit, also suchten wir ein Plätzchen um unser Zelt aufzustellen. 

Wir gossen nochmals etwas Öl in den Freilauf und siehe da, es funktionierte doch wieder. Trinkt einfach ganz schön viel, dieser Freilauf. 

Am nächsten Tag fuhren wir bei viel Gegenwind und Regen durch die Weite Anatoliens und erreichten vor einem erneut kräftigen Wolkenbruch Kirsehir. Übrigens, hungern tun wir hier nicht. Zum Znacht bestellten wir zweimal Kebap und bekamen zweimal Salat, verschiedene Vorspeisen, zweimal Kebap, Dessert und Cay. Unglaublich! 

Tags darauf ging es weiter nach Göreme, einem touristischen Dorf im Herzen Kapadokiens. Schon vor Göreme zeigten sich erste dieser bizarren Felsformationen, die Kapadokien berühmt machten. Göreme selber ist inmitten dieser Felstürme gebaut. Teils sind die Häuser in die Felsen geschlagen, teils aus Steinmauern gebaut, so dass sie sich farblich voll in die Landschaft einpassen. Da wir uns ein wenig Flasche leer fühlten, machten wir ein paar Tage Pause. Der Regen kam uns die ersten beiden Tage gerade recht, so konnten wir ohne schlechtes Gewissen auf dem Divan flätzen,  uns im Hamam durchschruppen und Seele und Beine baumeln lassen. An den aktiven Tagen verpassten wir Iris' Freilauf eine Fettladung und wanderten durch die Täler mit den vielen alten Höhlen. Einige davon waren richtige Kirchen mit Kuppeln und reicher Bemahlung. Man erkannte sie an den Kassenhäuschen daneben.

Gut erholt machten wir uns auf den nächsten Abschnitt auf. Dieser würde anstrengend werden, das wussten wir bereits aufgrund der Topographie. 1000 Höhenmeter am Tag waren der Standard, meteoblue drohte mit täglichen Gewittern, viel Wind und die Gegend war sehr dünn besiedelt. Der Lohn dafür bestand aus einer unglaublich schönen Gegend und fast keinem Verkehr. Wir waren hier richtig in den Bergen. Meistens schafften wir es vor den Abendgewittern in unser Ziel. Nur einmal zog ein Gewitter schon um die Mittagszeit auf, und dieses sah nicht nach zehn Minuten aus. So waren wir froh, als wir ein Steinhäuschen sahen, dass Platz für zwei Velos und zwei Velofahrer bot. Und für zwei Hummeln, die sich in Steinritzen verkrochen. Wir nutzen die Zeit für unser Picknick. Ab und zu ging eine der Hummeln nach draussen die Lage checken, sie kehrte aber jeweils sofort zurück und verkroch sich wieder in ihrer Ritze. Nach eineinhalb Stunden wagten wir uns raus in Teufels (Wasch-)Küche. Eine Viertelstunde zu früh. Wir wurden richtig geduscht und durchgewindet. Danach waren wir aber draussen, weg von der letzten Gewitterwolke. Der Wind legte sich und die Sonne lächelte scheinheilig, als ob nichts gewesen wäre.

Der letzte Tag dieses Abschnitts führte uns nach Divriği, einem netten Dörfchen in den Bergen mit einer beeindruckenden Moschee aus dem Jahr 1228. Und einem Bahnhof. Da die Iran Visa langsam riefen, entschieden wir uns, den ÖV zu neuem. Mit dem Zug fuhren wir die Strecke nach Erzurum durch eine traumhaft schöne Gegend, sehr bergig und sehr dünn besiedelt. Von dort wollten wir mit dem Bus gleich weiter nach Iğdır, ganz im Osten der Türkei. Mit Iğdırli Tours fanden wir einen Anbieter für diese Strecke und hielten kurz darauf unsere Tickets in der Hand, je eines für Männlein und Weiblein. Zusammen sitzen geht natürlich nicht, da hilft der schönste Ehering nichts. "Bisiklett, evet", hiess es noch am Schalter, "Bisiklett problem" dann beim Einladen. Der Verlade-Steward spielte auf Zeit und lud mal alles andere Gepäck ein, vermutlich in der Hoffnung, dass wir mal gehen würden. Wir spielten ebenfalls auf Zeit, in der Hoffnung, dass am Schluss genügend Kubikzentimeter Luft für unserer Räder übrig bliebe. Schlussendlich fand der Verlader noch ein Türchen, in das man die Velos stopfen konnte, verlangte aber dafür nochmals den Preis für zwei Personen. Wir bissen in den sauren Apfel, stiegen ein und flogen im Bus nach Iğdır. 700 km an einem Tag, dass war ein Sprung...

Am nächsten Tag stand die Etappe nach Doğubeyazit an, mit einer Steigung von 800 Höhenmetern gleich nach dem Start. Mit etwas Respekt nahmen wir die Etappe unter die Räder - und staunten dann ab uns selber, als wir schon um elf Uhr oben waren. Vermutlich lenkte uns die spektakuläre Sicht auf den Mount Ararat ab, mit 5137 Meter noch höher als der Üetliberg! So waren wir den schon um 14 Uhr in Doğubeyazit, wo wir uns ein schönes Hotel für den Ruhetag gönnten. Den Abend verbrachten wir damit, den Wahl-Liveticker zu aktualisieren und zu schauen, ob die Kurdenpartei HDP die 10% Hürde für den Sprung ins Parlament knacken würde. Von unserem Balkon aus betrachteten wir die feiernden Menschen und die Auto-Corsos. Wir selber waren fast so gespannt wie die Kurden, die wohl beinahe 100% der Bevölkerung Doğubeyazits ausmachen. Um halb neun stand fest, dass die HDP den Sprung ins Parlament schaffen würde. So wagten wir uns raus in die feiernde Menge und kriegten sogar noch was zu essen, während die Leute draussen das historische Resultat feierten.

PS. Ab jetzt werden wir im Iran unterwegs sein. Im Iran werden wir auf den Google Blogger und evtl. auf die Kartenapplikation von esri keinen Zugriff haben. Somit können wir nicht garantieren, dass wir den Blog regelmässig pflegen können. Und sollte der rote Punkt stehen bleiben, heisst das nicht, dass wir auch stehen bleiben.








Pause in Kapadokien 









Abwarten, für einmal ohne Tee trinken 






Iris mag Hunde - aus Plastik 

Farbenfroher Wahlkampf 



Seitenportal der alten Moschee in Divriği 



Blick aus dem Zugfenster

Multi-Kultur Komplex vor Doğubeyazit 

Mount Ararat mit Schaf

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